Ein Hoffnungslicht für Klimagerechtigkeit

Viele Menschen sind für einen ökumenischen Gottesdienst in die Iglesia de Jesús im Zentrum von Madrid gekommen. Fotos: LWB/Albin Hillert

Ökumenischer Gottesdienst im Rahmen der Weltklimakonferenz

MADRID, Spanien/GENF (LWI) – Zur Halbzeit der alljährlichen Verhandlungen über den globalen Umgang mit der Klimakrise auf dem Klimagipfel der Vereinten Nationen haben sich am zweiten Adventssonntag Menschen aus aller Welt und allen Gesellschaftsschichten in einer Kirche im Zentrum von Madrid versammelt, um gemeinsam zu beten und das gemeinsame Engagement für Klimagerechtigkeit fortzusetzen.

„Wir kommen zusammen im Advent, einer Zeit des Wartens“, so Pfr. Alfredo Abad von der Spanischen Evangelischen Kirche in seiner Begrüßung der Gäste in seiner Kirche. „Und als gläubige Menschen warten wir voller Hoffnung.“

Pfr. Dr. Nestor Friedrich, Vizepräsident des Lutherischen Weltbundes (LWB) für die Region Lateinamerika und Karibik, sprach in seiner Predigt über den aktuellen Stand der Klimakrise weltweit.

Auch wenn die Weltklimakonferenz COP25 nun in Madrid stattfände, würde sie immer noch als „lateinamerikanische COP“ angesehen werden und fände zu einem Zeitpunkt statt, an dem junge Menschen in aller Welt und nicht zuletzt in Lateinamerika lautstark Gerechtigkeit forderten.

 

Pfr. Dr. Nestor Friedrich, Vizepräsident des Lutherischen Weltbundes (LWB) für die Region Lateinamerika und Karibik, predigt in der Iglesia de Jesús.

„Die Schöpfung leidet! Ich bin betroffen und traurig, dass die Weltklimakonferenz vom lateinamerikanischen Kontext nach Europa verlegt worden ist! Uns entgeht so eine Gelegenheit, über die Klimakrise und ihre Lösung nachzudenken, während wir das lautstarke Rufen und Wehklagen der Menschen hören, die aus der Wüste gekommen sind, der Menschen auf der Straße, die Gerechtigkeit, Respekt und Würde fordern!“, so Friedrich.

„Die Welt, wie sie heute ist, ist nicht, wie Gott sie sich wünscht. Gott will nicht, dass die Welt geprägt ist von Nationalismus, Fundamentalismus, Fremdenfeindlichkeit, Extremismus, Rassismus und Populismus, und dass diese benutzt werden, um die Menschen zu manipulieren und Konflikte zu schüren. Gott ist der Klimawandel nicht egal, der die Bevölkerungsgruppen in der Welt, die heute schon geschwächt, verarmt und zersplittert sind, noch weiter schwächt. Gott lehnt die Logik des Marktes ab, die alles als Ware ansieht, die man besitzen kann und muss, und nach der alles käuflich und verkäuflich ist“, führte der LWB-Vizepräsident aus.

Aber, so fügte er hinzu: „Die Adventszeit will Hoffnung in uns keimen lassen. Gott hat die Welt nicht verlassen; er kommt, um sie von der Schmach und Schande zu erlösen. Uns ist die Klimakrise nicht egal! Sie verpflichtet uns, uns für Gottes Schöpfung einzusetzen, die für Geld nicht zu haben ist!“

In Grußworten von den Kirchen in der Pazifik-Region wies Pfr. James Bhagwan, der Generalsekretär der Pazifischen Kirchenkonferenz, darauf hin, dass „wir uns selbst in Erinnerung rufen müssen, dass der Klimawandel etwas ist, dass wir Menschen uns selbst und uns gegenseitig antun. Er ist nicht von Gott gemacht.“

„Wenn wir wie jetzt im Advent als Kinder Gottes zusammenkommen, ächzen und stöhnen wir gemeinsam mit der ganzen Schöpfung und verzehren uns nach Gerechtigkeit, Erneuerung, nach Leben. Als gläubige Menschen ist es unsere Aufgabe, das Evangelium zu verkünden und von Liebe zu sprechen, denn welche Hoffnung gibt es für die Welt denn noch, wenn wir das nicht tun?“, fragte Bhagwan.

Podiumsgespräch über Bedeutung von Klimagerechtigkeit für gläubige Menschen

Im Anschluss an den Gottesdienst in der Iglesia de Jesús widmete sich ein Podiumsgespräch dem Thema Klimagerechtigkeit aus Sicht des christlichen Glaubens. Darin wurde über die Veränderungen gesprochen, die notwendig seien, um die Auswirkungen des Klimawandels abwehren oder mildern zu können.

„Es ist Zeit für einen Paradigmenwechsel“, sagte Joy Kennedy von Fast for Climate Canada, die über die Rolle von Frauen in der aktuellen Klimakrise und aus deren Blickwinkel sprach.

 

Joy Kennedy von Fast for Climate Canada.

„Wie aber schaffen wir es, uns zu ändern?“, fragte sie. Zum einen müssten gläubige Menschen anerkennen, dass es zuweilen eine schlecht fundierte Theologie gewesen sei, die zu Strukturen geführt habe, die für das Engagement für Klimagerechtigkeit wenig hilfreich seien, und die auch heute noch zur Bewahrung dieser Strukturen beitrage. 

Pfr. Tony Snow von der Vereinigten Kirche von Kanada brachte die Perspektive indigener Menschen in die Diskussion ein und erklärte, „die Probleme, die wir haben, spiegeln Unterschiede in unserem Weltbild wider“. 

„Wir bekämpfen das Patriarchat, ja. Aber wir sind auch konfrontiert mit einem System, das sich auf winzigen Veränderungen ausruht, das immer das betont, was wir schon haben. Unser System ist nicht für tiefgreifende strukturelle Veränderungen gemacht“, erklärte Snow. „Und das ist die zentrale Krise, in der wir stecken, denn es sind ja die Menschen in dieser Welt, die überleben wollen. Wenn wir nach dem Wort Gottes leben, können wir uns entfalten und prosperieren, und wenn nicht, werden wir mit den Folgen leben müssen.“

Der 18-jährige Delegierte des LWB bei der Weltklimakonferenz, Sebastian Ignacio Muñoz Oyarzo von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Chile, betonte, dass Klimagerechtigkeit auch eine Frage von Generationengerechtigkeit sei. 

„Wir müssen alle die Möglichkeit haben, als eine Gesellschaft Veränderungen und Wandel zu bewirken, uns zusammenzutun und uns gemeinschaftlich für ein Thema, ein Anliegen zu engagieren, denn wir alle wollen in einer fairen, würdevollen und sauberen Welt leben“, erklärte Oyarzo. 

 

„Wir befinden uns mitten in einer globalen Klimakrise – und wer weiß, wie lange diese noch anhalten wird, wie viele Jahre oder Jahrzehnte“, sagte der 18-jährige Sebastian Ignacio Muñoz Oyarzo aus Chile.

„Ich möchte, dass meine Kinder in einer friedlichen Welt leben können, in der die Luft in den Städten nicht automatisch zu Lungenkrankheiten führt, in der nicht Dürren dazu führen, dass es kein Wasser mehr gibt, das der wichtigste Rohstoff für Menschen überhaupt ist, oder in der dieses ganz einfach zu verschmutzt ist, um es trinken zu können“, führte Oyarzo aus.

„Wenn wir Kerzen anzünden, beginnt das Licht sich auszubreiten“, sagte Kennedy abschließend. „Das Licht leuchtet und offenbart, was vorher verborgen war. Und genau um dieses Sichtbarwerden geht es auch im Advent – damit wir die Wunden sehen und erkennen und uns ihnen zuwenden können, um dann Heilung in der Welt herbeizuführen.“

Im Kontext des ökumenischen Gottesdienstes am 8. Dezember hat der LWB auch die Ausstellung mit dem Titel „And It Is Good“ (Und es ist gut) präsentiert, die jeweils ein Landschaftsfoto oder das Foto eines Geschöpfs und einen Vers aus der Bibel nebeneinanderstellt. Erstmals öffentlich gezeigt worden war diese Ausstellung in New York und Genf in der Woche des Klimagipfels der Vereinten Nationen in New York, um die Bedeutung von Artenvielfalt hervorzuheben und zu bekräftigen, dass die Schöpfung gut ist. Die Ausstellung ist ein Gemeinschaftsprojekt vom ACT-Bündnis, dem Lutherischen Weltbund, der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen und dem Ökumenischen Rat der Kirchen. 

 

Im Rahmen seines Engagements und Arbeitsschwerpunktes für Klimaschutz und Fürsprachearbeit zu diesem Thema auf allen Ebenen nimmt der Lutherische Weltbund (LWB) jedes Jahr an den Klimakonferenzen der Vereinten Nationen (COP) teil. Als Ausdruck seines Engagements für Generationengerechtigkeit entsendet der LWB stets eine Gruppe von jungen Erwachsenen aus den Mitgliedskirchen der weltweiten Gemeinschaft als Delegierte zu diesen Konferenzen. Da junge Menschen treibende Kräfte für Wandel sind, ist es für den LWB von zentraler Bedeutung, dass es gerade die jungen Menschen sind, die den LWB bei den Klimaverhandlungen der Vereinten Nationen vertreten und die Stimme der weltweiten Gemeinschaft verkörpern. Und die LWB-Delegation hat eine klare Botschaft: „Klimagerechtigkeit bedeutet Generationengerechtigkeit. Und die Schöpfung ist für Geld nicht zu haben.“