Das Schreien der Erde hören

Mari Oumar Sall vom LWB-Mauretanienprogramm berichtete im Rahmen einer Nebenveranstaltung zur COP-22 in Marrakesch (Marokko) über die von ihrem Programm gegen die Wüstenbildung ergriffenen Maßnahmen und die geleistete Flüchtlingshilfe. Foto: LWB/Ryan Rodrick Beiler

Gute Zusammenarbeit zwischen LWB-Mauretanienprogramm und senegalesischer Kirche

MARRAKESCH, Marokko/GENF (LWI) – Die Klimakonferenz der Vereinten Nationen, die derzeit im marokkanischen Marrakesch stattfindet, soll die „Tagung der Beschlüsse“ („COP of actions“) werden.

Parallel zu den Verhandlungen bei der 22. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien (COP-22) des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC), die das Wie der Umsetzung des im vergangenen Jahr vereinbarten Pariser Klimaabkommens ausarbeiten soll, hat der Lutherische Weltbund (LWB) einen Runden Tisch zum Thema „Klimaprojekte von im Bereich der Religionen beheimateten Organisationen“ veranstaltet, bei dem konkrete Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels diskutiert wurden.

Elena Cedillo Vargas, Vertreterin des LWB-Mittelamerikaprogramms und Moderatorin der Veranstaltung, berichtete von Mikroversicherungen für bäuerliche Familien, Ausbildungsmöglichkeiten für junge Menschen und den in der Zusammenarbeit mit staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren in El Salvador gesammelten Erfahrungen.

Mari Oumar Sall, vom LWB-Mauretanienprogramm, die erste Muslima in der LWB-Delegation, sprach von den Maßnahmen, die der LWB zur Bekämpfung der Wüstenbildung ergreift – der Weltbund ist beteiligt an der Pflanzung von Bäumen, durch die ein grüner Gürtel, auch bekannt als „Afrikas grüne Mauer“, entsteht. Das Mauretanienprogramm führt zudem ein Anpassungsprogramm im landwirtschaftlichen Bereich durch, das malischen Flüchtlingen zugutekommt, und arbeitet mit der LWB-Mitgliedskirche im benachbarten Senegal im Klimabereich zusammen.

„Ich freue mich sehr, hier sein zu können, gemeinsam mit evangelischen und katholischen Geistlichen, Moscheevorständen, Führungsverantwortlichen aus der Jugendarbeit und anderen“, betonte die 29jährige nach der ersten COP-Tagungswoche. Bei der COP-22 engagiert sich der LWB gemeinsam mit ACT Alliance, dem Ökumenischen Rat der Kirchen und weiteren im Bereich der Religionen angesiedelten Organisationen für diejenigen Menschen, die vom Klimawandel am massivsten bedroht sind. „Dieser Moment bewegt mich wirklich sehr“, ergänzte Sall.

„Wenn ich zurück in Mauretanien bin, will ich als allererstes die jungen Menschen muslimischen Glaubens in meinem Land sammeln im Kampf gegen den Klimawandel.“

Aber Salls Ziele reichen über die Kooperation mit Angehörigen ihres eigenen Glaubens hinaus. Das seit 1974 im Land aktive LWB-Programm arbeitet bereits jetzt in Partnerschaft mit Kirchengemeinden im benachbarten Senegal. Pascal Kama (31), Generalsekretär der Lutherischen Kirche Senegals, stellte diese Partnerschaft vor.

„Im Senegal gab es eine Dürre und wir haben die Zusammenarbeit mit unserem Nachbarland Mauretanien gesucht, damit sie uns mit ihrem Fachwissen unterstützen konnten“, blickte Kama zurück. „In den kommenden Monaten soll eine offizielle Kooperation zwischen beiden Ländern und unseren Programmen starten, die wir derzeit vorbereiten.“

Interreligiöse Zusammenarbeit fortsetzen

Mark Bryant von Eco Islam, einer islamischen Umweltorganisation mit Sitz in Großbritannien, ermutigte seinerseits ebenfalls zur Fortsetzung der interreligiösen Zusammenarbeit.

„Es ist eine wichtige Erfahrung für mich, die gute Arbeit kennenzulernen, die ihr leistet“, betonte Bryant und stellte fest, man fühle sich „manchmal isoliert“, wenn man sich in einem religiösen, kulturellen und politischen Kontext für Klimagerechtigkeit engagiere, in dem entweder Skepsis herrsche oder andere Themen alle Aufmerksamkeit für sich beanspruchten.

Pater Rufino Lim, ein in Rom lebender koreanischer Franziskaner, rief Klimaaktivistinnen und -aktivisten aus dem religiösen Bereich auf, ihre Arbeit auf ein solides naturwissenschaftliches Fundament zu stellen.

„Ich habe den Eindruck, als Glaubende sprechen wir meistens über Ideen, vor allem abstrakte Ideen“, stellte er fest. „Wir sollen Gutes tun. Wir sollen auf das Schreien der Erde und das Schreien der Armen hören.“

Unter Verweis auf das Beispiel evangelischer Kirchen, die ihren CO2-Ausstoß reduzieren, das ihn inspiriere, forderte Lim: „Wir sollten ebenfalls berechnen, wie hoch unser CO2-Ausstoß genau ist. Wir sollten diese Fakten in Zahlen – konkreten Zahlen – kennen, damit wir ganz praktisch unseren Lebensstil ändern können.“

Sehr passend wählte Lim den Abschluss des Gesprächs und leitete den Segen ein mit den Worten: „Wir alle sind Priester und Priesterinnen. Wir alle sind Menschen. Und wir glauben an die Heiligkeit des Seins und den Allmächtigen.“

Er lud die Anwesenden ein, einander zu segnen, und sprach ein Gebet in seiner koreanischen Muttersprache, während draußen auf den Straßen von Marrakesch der muslimische Gebetsruf ertönte.

(Ein Beitrag von Ryan Rodrick Beiler, freier Journalist, von der COP-22 in Marrakesch, redaktionell bearbeitet und übersetzt durch das LWB-Kommunikationsbüro.)