Äthiopien: Eine Maissorte namens „Luther“

Amare Mulaw und Familienmitglieder zeigen die preisgekrönte Maissorte „Luther“. Foto: LWB/Yitbarek Frew

LWB-Saatgut unterstützt die von der Dürre bedrohte Landwirtschaft 

Lalibela, Äthiopien/Genf (LWI) – „Luther hat mein Leben verändert“, sagt Amare Mulaw. Der äthiopische Farmer hat damit nicht unbedingt den Reformator gemeint, jedenfalls nicht direkt. Er meinte vielmehr Segen und Nutzen einer neuen Getreidesorte, die vom Lutherischen Weltbund (LWB) zur Verfügung gestellt wurde. Diese neue Sorte ist Bestandteil eines Entwicklungsprojekts, das kleinen Landwirtschaftsbetrieben in der Region Amhara dabei hilft, mit dem Klimawandel zurechtzukommen.

Mulaws Heimatdorf Erffa ist eine Gemeinschaft 37 Kilometer südwestlich der Stadt Lalibela im Distrikt Lasta in der Verwaltungsregion Amhara. Die Region ist berühmt für ihre Felskirchen, die zum Weltkulturerbe der UNESCO zählen. Für Landwirte wie Mulaw liegt der Reichtum des Landes jedoch in den Böden. Ihr Leben lang hoffen sie auf Regen und eine gute Ernte. 

LWB-Unterstützung während der Dürreperiode 2016 

In den letzten Jahren hat es jedoch nicht genügend Niederschläge gegeben, und manchmal hat es gar nicht geregnet. Der LWB hat seine Arbeit in Mulaws Gemeinschaft im Jahre 2016 aufgenommen. In diesem Jahr gab es aufgrund des Wetterphänomens El Niño eine extreme Dürre. Die Hilfsaktion hatte zahlreiche Komponenten: Maßnahmen zum Erhalt natürlicher Ressourcen im Rahmen von Cash-for-Work-Programmen (direkt entlohnte Beschäftigung), Verhinderung von Erosion bei gleichzeitiger finanzieller Unterstützung der Landwirtschaft, Ausgleich von Ernteausfällen. Die schutzbedürftigsten Familien erhielten Unterstützung in Form von direkten Geldzahlungen und Saatgut, darunter Mais, Linsen und Teff, eine örtlich angebaute Hirseart, die bei den Menschen sehr beliebt ist und aus der das Fladenbrot Injera hergestellt wird.

Drei Jahre später, als das Projekt endete, achtete der LWB darauf, dass diese zunächst kurzfristige Hilfeaktion in ein langfristiges Entwicklungsprogramm für die Gemeinschaften umgewidmet wurde, die auch weiterhin von extremen Dürresituationen betroffen sind. Dahinter steht der Plan, die Landwirtschaft widerstandsfähiger gegen Katastrophen zu machen und sie in die Lage zu versetzen, auch angesichts veränderter Klimabedingungen zu überleben. Die Ergebnisse sind bereits zu sehen: Jetzt, im Jahre 2019, wachsen die Höfe, und die Menschen ernten die Feldfrüchte, die sie mit dem zur Verfügung gestellten Saatgut anpflanzen konnten.

„Luther“ populärer als Teff

2015 hatte der LWB neue und verbesserte Mais- und Linsensorten eingeführt, die schnell sehr beliebt wurden. Die Maissorte wird allgemein als „Luther“ bezeichnet und ist in dieser Region, in der die meisten Betriebe Teff anpflanzen, inzwischen zu einem Grundnahrungsmittel geworden. Sie ist außerdem beliebter als die früher verwendete Getreidesorte Raya.

Amare Mulaw betreibt einen Musterhof, der „Luther“ erfolgreich anbaut. „Zum ersten Mal konnte ich mit dem Verkauf von „Luther“ ein Einkommen von 9.000 Äthiopischen Birr (ETB) (umgerechnet 310 US-Dollar) erzielen, angebaut auf einem halben Hektar Land“, sagt er. Inzwischen hat er durch den Anbau nur einer Feldfrucht sein Einkommen verdreifacht.

Voller Begeisterung erklärt er, warum er die neue Getreidesorte bevorzugt: „Zunächst einmal“, erklärt Amara, „ist der Geschmack ausgezeichnet. Weiterhin trägt eine Staude drei Maiskolben, während die Sorte Raya nur eine oder maximal zwei kleine Kolben hat. Und aufgrund der Form und Dicke der Deckblätter ist der Kolben weitgehend vor Vögeln und Schädlingen geschützt. Ich bekomme jetzt 6 ETB (20 Cent) für einen Kolben, früher war es nur die Hälfte.“

Raya brauche zwar nur drei bis vier Monate bis zur Erntereife, aber die zwei zusätzlichen Monate, die ‚Luther‘ brauche, lohnen den zusätzlichen zeitlichen Aufwand aufgrund der Größe, des Ertrags, des Geschmacks, der Qualität insgesamt und des Vermarktungspotenzials.

Verbesserte Qualität von Saatgut 

Nach Aussage von Amare gibt es eine sehr hohe Nachfrage nach der Maissorte „Luther“, aber er und die anderen Landwirtschaftsbetriebe produzieren ausreichend hohe Mengen, um dem Bedarf in Erffa und dem nahe gelegenen Dorf Gragn Amba nachzukommen. Er hofft, Mais bis hinauf nach Lalibela liefern zu können, denn bis dorthin ist dem Mais sein guter Ruf bereits vorausgeeilt. Als nächstes plant Amare mit Unterstützung des LWB eine weitere Reproduktion des Saatgutes, damit noch mehr Betriebe zu geringen Kosten oder sogar umsonst davon profitieren können.

Langfristig bedeutet dies für die Landwirtschaft in der Region nicht nur einen wirtschaftlichen Vorteil. „Luther“ ist eine verbesserte Variante einer lokalen Maissorte mit einem höheren Proteingehalt und einer höheren Dürreresistenz. Diese Landsorte ist eine endemische Art in der Region, die wiederum für ihre pflanzengenetischen Ressourcen bekannt ist. Durch die Saatgutvermehrung hilft der LWB den Landwirtschaftsbetrieben, diese Diversität und landwirtschaftliche Praktiken in einem Markt zu bewahren, der durch ertragsstarke Sorten und den Einsatz chemischer Düngemittel immer stärker unter Druck gerät.

Amare baut die Sorte „Luther“ nach wie vor im Regenfeldbau an, aber auch dies wird sich in Zukunft ändern. Zurzeit erlebt in Erffa die Kleinbewässerung eine Renaissance, woraus sich zusätzliche Möglichkeiten für Produktionssteigerungen und mehr Einkommen ergeben. Amare ist vom Potenzial der Bewässerungslandwirtschaft überzeugt und von der Aussicht angetan, nicht mehr nur allein von Regenfällen abhängig zu sein.

„Mein Leben hat sich verändert“, sagt der Landwirt. Mit seinem höheren Einkommen plant er jetzt den Kauf eines Tuk Tuk, ein allgegenwärtiges und preisgünstiges Transportmittel in dieser Gegend. Sein Haus hat er bereits modernisiert, und er kann seine Kinder zur Schule schicken.

Ein Beitrag von Sophie Gebreyes, LWB-Ländervertreterin in Äthiopien. Redaktion und Übersetzung: LWB-Kommunikationsabteilung