Appell an G20-Staaten: Schuldenkrise verhandeln und Leben retten

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Christliche Führungspersönlichkeiten fordern Steuerreformen und Schuldenerlass

Genf, Schweiz (LWI) – Der Lutherische Weltbund fordert gemeinsam mit seinen ökumenischen Partnern die Staats- und Regierungschefs der G20-Nationen auf, einen dringend erforderlichen Schuldenerlass für diejenigen Länder zu gewähren, die am stärksten von den Folgen der COVID-19-Pandemie betroffen sind. Die Staats- und Regierungschefs der G20-Nationen versammeln sich am 21. und 22. November zu ihrem Gipfeltreffen in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad.

In einem Schreiben an den saudischen König Salman ibn Abd al-Aziz Al Saud, dem derzeitigen Vorsitzenden der aus 20 Nationen bestehenden Gruppe, äußern sich die christlichen Führungspersönlichkeiten positiv über ein Schuldenmoratorium, das den ärmsten Ländern der Welt im April gewährt wurde. Trotzdem bestehen sie darauf, dass noch viel mehr geschehen müsse, um Leben zu retten und Probleme „wie Hunger, Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit in den Griff zu bekommen, die durch COVID-19 zusätzlich verschärft worden sind.“

LWB-Generalsekretär Martin Junge schließt sich dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK), der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (WGRK) und dem Rat für Weltmission (CWM) in ihrem Aufruf an, sich für „nachhaltige“ Lösungen zu Bewältigung der Schuldenkrise einzusetzen.

Finanz- und Wirtschaftssysteme neu überdenken

Dazu gehören Maßnahmen, um Ländern ihre historischen Schulden zu erlassen, aber auch weitreichende Steuerreformen, die Ablehnung der Austeritätspolitik und die Einrichtung eines „umfassenden, fairen, transparenten und schnellen internationalen Verfahrens zur Umstrukturierung öffentlicher Schulden, um die Zahlungsunfähigkeit von Staaten zu vermeiden. Dieser Mechanismus muss in der Lage sein, Staatsschulden zu prüfen und „verabscheuungswürdige und illegitime Schulden zu erlassen, die in betrügerischer Absicht oder durch despotische Regimes und ohne Zustimmung der Bevölkerung zustande gekommen sind, und für die Wucherzinsen zu zahlen sind, deren Rückzahlung immense soziale und ökologische Belastungen nach sich zieht.“

Der aus sechs Punkten bestehende Appell dieser ökumenischen Organisationen, die mehr als 500 Millionen Menschen christlichen Glaubens weltweit repräsentieren, wurde im Nachgang zu einer Reihe ökumenischer und interkonfessioneller Konsultationen auf Einladung der Kirchen erarbeitet, die Teil der  Initiative für eine neue internationale Finanz- und Wirtschaftsarchitektur (NIFEA) sind. Diese Initiative fordert die Regierungen der G20-Staaten nachdrücklich auf, die internationalen Finanzinstitutionen neu auszurichten, damit sie „in Krisenzeiten Mittel bereitstellen können, ohne diese Zuwendungen von Strukturanpassungsauflagen abhängig zu machen“, und dafür zu sorgen, dass diese Maßnahmen „nicht von wohlhabenden und eigennützigen Interessengruppen dominiert werden.“

Die christlichen Führungspersönlichkeiten schreiben „im Bewusstsein der großen Dringlichkeit dieser Maßnahmen angesichts einer Pandemie, die die Welt mit ihrer zweiten Welle schwer in Mitleidenschaft zieht und jeden Tag Zehntausende von Menschen das Leben kostet und Milliarden von Menschen verarmen lässt.“ Trotz dieses anhaltenden globalen Gesundheitsnotstandes, so heißt es in dem Appell, „werden weiterhin Hunderte Milliarden Dollar nicht für lebensrettende Maßnahmen der öffentlichen Gesundheits- und Sozialversorgung ausgegeben, sondern für den Schuldendienst.“

Dieses von den G20-Gläubigerstaaten im April gewährte Schuldenmoratorium war „ein wichtiger Schritt, um die Schuldnerstaaten ein Stück weit zu entlasten“, heißt es in dem Schreiben. Letztlich reichen diese Maßnahmen jedoch nicht aus, da voraussichtlich im nächsten Jahr noch mehr Staaten hohe Schulden aufnehmen müssen. Die christlichen Führungskräfte schließen mit einem Gebet und verbinden damit die Hoffnung, dass die Staats- und Regierungschefs „in einem nächsten Schritt mutige und grundsätzliche Entscheidungen treffen, die angesichts dieser kritischen Lage erforderlich sind.“