ACT-Modelldorf für gemeinsame Hilfe in Nepal

Punya Prasad Dangal verlor seine Mutter und seine Enkeltochter bei dem starken Erdbeben vom 25. April in Nepal

Hilfsorganisationen bündeln Hilfsmassnahmen nach Erdbeben

Katmandu, Nepal/Genf, 21. Mai 2015 - Punya Prasad Dangal war in Katmandu, als das Erdbeben am 25. April die Region erschütterte. Er sah, wie Menschen von Motorrädern fielen und umherliefen, um einen sicheren Schutzraum zu finden. Dann war das Beben vorbei. Fünf Minuten später klingelte das Handy in seiner Tasche und veränderte sein Leben für immer.

Sein Sohn Tara rief ihn an, der bei der Familie in Nanglebhare war, einem abgelegenen Gebiet im Distrikt Katmandu. „Unser Haus ist eingestürzt. Grossmutter war drinnen, als es passierte. Meine Tochter Samiksha wird auch vermisst“, hörte Dangal seinen Sohn sagen.

„Danach wurde mir schwarz vor Augen“, erinnert sich Dangal. Zusammen mit seinem zweiten Sohn Binod, der Arzt ist, fuhr er mit dem Motorrad nach Nanglebhare. Auf dem Weg dorthin klingelte sein Telefon zum zweiten Mal: Seine Familie hatte den Körper der Grossmutter gefunden. „Meine tote Mutter wurde aus den Trümmern geborgen und in einer Ecke abgelegt. Meine Enkeltochter wurde jedoch noch immer vermisst“, erzählt Dangal. Erst zwei Tage später fand er ihren Körper. Sie hatte in einem Nachbarhaus gespielt und war dort unter den Trümmern des einstürzenden Hauses begraben worden.

Nanglebhare ist eines der stark vom Erdbeben betroffenen Gebiete im Distrikt Katmandu. Mehr als 95 Prozent der aus Lehm und Ziegeln gebauten Häuser wurden zerstört. Dangals Familie ist eine von vielen, die Angehörige verloren haben, und dazu ihre Tiere und ihre Lebensgrundlage. Die Menschen leben nun im Freien. In den Dörfern gibt es zu wenige Latrinen, wodurch die Seuchengefahr steigt.

Nachdem sich der LWB ein Bild von der Lage gemacht hatte, wurde klar, dass die Regierungsbehörden in diesem Gebiet keine Hilfsgüter verteilten. Obwohl Nanglebhare nur 20 km von Katmandu entfernt liegt, ist es äusserst schwer zu erreichen. Die Strasse, die in einer Höhe von 1800 m beginnt, ist nur bei gutem Wetter befahrbar.

Um erste Hilfe zu leisten, verteilte der LWB, der Mitglied des ACT-Bündnisses ist, Decken, Abdeckplanen, Matratzen, Fertiggerichte, Seife und Hygieneartikel an 135 Familien im Dorf. Um nachhaltige Hilfe zu leisten, wurde Nanglebhare als „ACT-Modelldorf“ ausgewählt. Die ACT-Mitglieder, die gemeinsam das ACT Nepal Forum bilden, bündeln ihre Kompetenzen bezüglich verschiedener Aspekte der Hilfseinsätze – Wasser, Sanitär, Nahrung, Unterkunft, Barzuwendungen, psychologische Hilfe und Bildung, um das Dorf so in allen wichtigen Bereichen zu unterstützen.

„Gemeinsam koordinierte Hilfen in allen Bereichen, in denen Not herrscht, ist nicht nur möglich, sondern auch effektiver und sinnvoller“, erklärt das Forum der ACT-Mitgliedsstaaten in einer Stellungnahme.

Nahrung und Unterkunft zählen zu den dringendsten Bedürfnissen der Menschen, deren Vorräte nun von tonnenschwerem Schlamm und Steinen bedeckt sind. „Wir konnten nichts aus den Trümmern retten, und nur mit dem Essen, das unsere Verwandten mitbrachten, konnten wir überleben“, so Dangal. In der hinduistischen Kultur trauern die Menschen 13 Tage lang und werden während dieser Zeit von ihren Verwandten mit Essen versorgt. Die Familie konnte bisher in einer Behelfsunterkunft bleiben, doch angesichts des beginnenden Monsuns brauchen sie ein besseres Dach über dem Kopf.

„Uns wieder ein Haus zu bauen und etwas zu Essen zu besorgen, ist eine echte Herausforderung“, sagt Dangal. „Doch deine Familie zu trösten, nachdem sie geliebte Menschen verloren haben, ist noch härter.“