50 Jahre Gestaltung der ökumenischen Vision des LWB

LWB-Generalsekretär Pfr. Martin Junge. Foto: Andrew Wilson

Junge: Viele gute Gründe, das Strassburger Institut zu feiern

(LWI) – Pfr. Martin Junge, Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB), hat dem Institut für Ökumenische Forschung in Strassburg (Frankreich) Anerkennung gezollt für die Unterstützung und Gestaltung der ökumenischen Dialoge des LWB, die es seit nunmehr 50 Jahren leistet.

Anlässlich der Feierlichkeiten zum 50. Jubiläum des Instituts am 22. April würdigte Junge das theologische Zentrum für seine zahllosen Erfolge und die wertvolle Unterstützung. Damit habe es einen wesentlichen Beitrag erbracht zu der starken ökumenischen Berufung, die zu den Markenzeichen des LWB gehöre.

„Dank der aktiven, engagierten Mitwirkung des Instituts wurden alle bilateralen Dialoge des LWB hervorragend unterstützt und eine Reihe beeindruckender Meilensteine erreicht“, so der führende LWB-Vertreter bei den Feierlichkeiten.

Junge verwies insbesondere auf die Vision von der „Einheit in versöhnter Verschiedenheit“ sowie den Gedanken des „differenzierten Konsenses“ als bedeutende Ansätze für den ökumenischen Dialog, die auf der Grundlage von Forschung und Diskussion im Strassburger Institut entwickelt worden seien.

Zu den Erfolgen des Instituts zählen die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“, die 1999 gemeinsam mit der römisch-katholischen Kirche unterzeichnet wurde, die „Beschlussfassung zum Erbe der lutherischen Verfolgung von Täuferinnen und Täufern“ und das ihr zugrunde liegende Dokument „Heilung der Erinnerungen – Versöhnung in Christus“ aus dem Jahr 2010 sowie die jüngste Veröffentlichung „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“, in der es um den ökumenischen Ansatz des LWB für das 500. Reformationsjubiläum 2017 geht.

Junge hob die Rolle des Instituts in dem langen Prozess der Vorbereitung auf den Dialog mit den orthodoxen Kirchen, seine aktive Mitwirkung am reformiert-lutherischen Dialog sowie die von ihm geleistete entscheidende Vorarbeit für den Dialog mit den Pfingstkirchen hervor.

Es gebe viele gute Gründe, das 50. Jubiläum des Instituts zu feiern, auch jenseits der Tatsache, dass es auf fünf Jahrzehnte seines Bestehens zurückblicken könne.

Einheit der Kirche als Kernaufgabe

Den ersten bilateralen Dialogen des LWB ging 1963 die Entscheidung voraus, die „Lutherische Stiftung für Ökumenische Forschung“ zu errichten. Heute stützt sich das Institut für Ökumenische Forschung auf die Arbeit eines internationalen Teams von TheologInnen, die den Kirchen in ihrem Bemühen, die sichtbare Einheit der Kirche zu verstehen und zu artikulieren, mit theologischen Analysen und fachlichem Rat zur Seite stehen.

In seiner Ansprache stellte Junge fest, die Errichtung der ursprünglichen Stiftung sei aus dem Wunsch des LWB erwachsen, seine Überzeugung zum Ausdruck zu bringen, dass konfessionelle Theologie nicht im Widerspruch zum Streben nach Einheit im Leib Christi stehe, sondern das Fundament des lutherischen ökumenischen Engagements darstelle.

„Für uns im LWB bleibt die Einheit eine Kernaufgabe, die wir auch weiterhin wahrnehmen wollen, sowohl mit einer langfristigen Vision als auch mit, wie ich es nennen möchte, ‚prophetischer Ungeduld‘“, betonte Junge.

„In Zeiten wie den unseren, in denen Zersplitterung und eine Mentalität des Rückzugs und der Absonderung an der Tagesordnung zu sein und selbst die Kirchen zu beeinflussen scheinen, glaube ich daran, dass das ökumenische Bestreben eine prophetische Botschaft birgt: Nein, uns ist nicht wohl dabei, der Zersplitterung und Absonderung nachzugeben.“

Antwort auf existenzielle Fragen

Das Streben nach der Einheit der Kirche vollziehe sich in einem Kontext, der auch von einer gesunden Ungeduld geprägt sei, so Junge. Wenn Menschen, die in konfessionsverbindenden Familien ihren Glauben lebten, Schmerz und Entmutigung darüber zum Ausdruck brächten, dass sie in getrennten Kirchen zu getrennten Abendmahlstischen gehen, wie „wirkt sich das aus auf … den Aufbau unserer ökumenischen Arbeit insgesamt?“ Es gebe eine ganze Bandbreite „unterschiedlicher Fragen und Blickwinkel“, wie die Gabe der Einheit empfangen werden könne, die in den ökumenischen Dialogen artikuliert werden müsse, ergänzte Junge.

Der Generalsekretär stellte fest, die Veränderungen des weltweiten Kontexts seit den 1960er Jahren zeigten sich auch in der Kirche. Es sei eine erhebliche Verlagerung spürbar weg von einem oder einigen wenigen entscheidenden Einflusszentren hin zu einer Vielfalt von Zentren, die bisweilen miteinander konkurrierten oder kooperierten, in Verbindung stünden oder auch nicht und manchmal einen „schmerzhaften Zusammenbruch der Kommunikation“ erlitten. Die nächsten 50 Jahre der ökumenischen Forschung, so Junges Wunsch, sollten eine Perspektive dazu haben, in welchem Verhältnis Struktur und Methodik des theologischen Diskurses stehen zu dem polyzentrischen Kontext und der Vielfalt kultureller Umfelder, in denen ChristInnen ihren Glauben zum Ausdruck bringen.

Kirche weltweit

An den Feierlichkeiten zum 50. Jubiläum nahmen ehemalige und aktuelle Mitarbeitende des Instituts, VertreterInnen der ökumenischen Partner des LWB sowie TheologInnen aus aller Welt teil. Es referierten Bischof Brian Farrell, Sekretär des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen; Dr. Christos Filiotis, griechisch-orthodoxe Kirche, Strassburg; der lutherische Bischof Dr. Michael Bünker, Generalsekretär der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE), sowie der mennonitische Kirchenleitende Pfr. Dr. Larry Miller, Generalsekretär des Globalen Christlichen Forums.

Pfr. Dr. Gottfried Locher, Vizepräsident der GEKE und Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes predigte anlässlich des Gottesdienstes in der Strassburger Thomaskirche.

Der lutherische württembergische Bischof Dr. Frank O. July, LWB-Vizepräsident für die Region Mittel-und Westeuropa, sowie der Direktor des Strassburger Instituts, Pfr. Dr. Theodor Dieter, eröffneten die Jubiläumsfeierlichkeiten. Unter den GastrednerInnen waren weiterhin die lutherischen Bischöfe Dr. Heinrich Bedford-Strohm (Bayern/Deutschland) und Dr. Ndanganeni P. Phaswana (Südafrika) sowie Dr. Cecil M. Robeck (Vereinigte Staaten), der die Pfingstkirchen vertrat.